Musik
Nach G. I. Gurdjieff sollte Musik genau wie alle anderen traditionellen Wissenschaften zum Erwachen führen. Aber die Musik, die wir normalerweise hören, ist überwiegend subjektiv. Sie entsteht unter dem Einfluss des subjektiven Zustands des Komponisten und wirkt auf den subjektiven Zustand, in dem der Hörer sich zufällig befindet.
Objektive Musik ist sehr selten, sie erfordert ein objektives Wissen über die innere Natur des Menschen, vor allem über die Funktion und Eigenschaften des Gefühls und darüber, wie Gefühle durch die Qualität von Schwingungen beeinflusst werden. Objektive Musik wirkt auf alle Menschen gleich.
Gurdjieff zufolge drückt die Tonleiter der Musik mit den 7 Tönen ein fundamentales kosmisches Gesetz aus, das „ Oktaven Gesetz“, das die Entwicklung der Schwingungen, den Energiefluss in allen Phänomenen des Universums bestimmt. (aus booklet CD Gurdjieff /de Hartmann)
de Hartmann
Thomas de Hartmann (1885-1956), geboren in der Ukraine, war bereits ein gefeierter Komponist in St. Petersburg, als er Gurdjieff im Dezember 1916 begegnete. Er war seit 1906 mit Olga Arkadieva de Schuhmacher verheiratet.
Seine Neigung zur Musik zeigte sich bereits mit vier Jahren und er liebte es, sich in musikalischen Improvisationen auszudrücken. Er hatte eine tiefe Sehnsucht für „Etwas“, das im gewöhnlichen Leben unbekannt war, eine Sehnsucht, die ihn nie verließ. Er war erst elf, als Anton Arenski ihn als Schüler für Harmonie und Komposition annahm, und er studierte unter ihm weiter bis zu Arenskis Tod 1906. De Hartmann blühte unter dessen Führung auf. Sein größter Erfolg war die Aufführung seines Ballets in Anwesenheit des Zaren: Die purpurrote Blume (Scarlet Flower) mit Nijinski im Ensemble. In Anerkennung seines Talents wurde er vom Zar persönlich vom aktiven Dienst befreit und konnte dadurch in München das Dirigieren unter Felix Mottl, einem Schüler Wagners, studieren. Sein Aufenthalt in München und seine tiefe Freundschaft mit Kandinsky sowie seine Teilnahme an Kandinskys und Franz Marcs avantgardistischer Veröffentlichung „Der Blaue Reiter“ beeinflussten ihn nachhaltig.
Im Dezember 1916 begegnete er Georges Ivanovitch Gurdjieff und erkannte sofort in ihm den Lehrer, der ihm das näher bringen konnte, was er seit langem suchte. Eine Suche, die er mit seiner Frau teilte. Beide gaben ihr bequemes und luxuriöses Leben auf, um mit Gurdjieff zu arbeiten, und folgten ihm, wohin immer sie dieses Leben in den nächsten zwölf Jahren führen würde.
Nach Gurdjieffs Tod 1949 siedelten die de Hartmanns nach Amerika über, um die Gurdjieff Gruppen dort zu unterstützen. Sein Verständnis über Gurdjieff beschreibt Thomas de Hartmann folgenderweise: „Herr Gurdjieff wünschte – vielleicht bestand darin seine höhere Aufgabe – im Menschen etwas zum Leben zu erwecken, „etwas“, wovon der gewöhnliche Mensch bis jetzt nichts wusste. [... ]. Unser Leben mit ihm rückwirkend betrachtend, kam mir allmählich alles, was er sagte und tat, wieder in den Sinn. Indem ich all diese Erinnerungen zusammenfügte wie die Teile eines riesigen Puzzle, oft mit einem neuen Verständnis, nahmen seine Ideen Gestalt an, eine nach der anderen, bis endlich das ganze beeindruckende große Bild klar sichtbar wurde [... ].
Ich weiß schon seit langem, dass unsere innere Welt der Boden ist, in dem der Samen der Kunst wurzelt. Ohne diesen Samen, in dem der magische Teil des Lebens verborgen ist und aus dem ein Kunstwerk geboren werden kann, [...] gibt es keine Kunst, gibt es keine Musik“. Thomas de Hartmann
Zusammenarbeit G. I. Gurdjieff / de Hartmann
G.I. Gudjieff begann in Essentuki das Studium der Bewegung und der sakralen Tänze weiterzuentwickeln. Als Gurdjieff und seine Schüler 1919 nach Tiflis kamen, wurde die Arbeit an den Bewegungen noch intensiver, und da diesmal ein Klavier zur Verfügung stand, wurde der Komponist Thomas de Hartmann gebeten zu spielen.
Die meisten Werke wurden Anfang der zwanziger Jahre in einer intensiven Gemeinschaftsarbeit von Gurdjieff und de Hartmann in Fontainebleau komponiert. In den fünf Jahren zwischen 1919 und 1924 konzentrierte sich die Zusammenarbeit der beiden Männer auf die Musik zu den von Gurdjieff gelehrten Bewegungen und sakralen Tänzen.
Das Ergebnis ist manchmal ausgesprochen orientalisch, manchmal eindeutig westlich, aber niemals vollkommen das eine oder das andere, als ob die spezifischen Merkmale der verschiedenen Quellen destilliert worden wären, um eine Musik zu hinterlassen, die frei ist von jeder konventionellen Struktur, von jeder dekorativen Verzierung und frei auch von typischer Pianistik. Die Kraft und Klarheit ihrer Wirkung scheinen darauf zu beruhen, dass sie natürlich und unmittelbar zum innersten Selbst des Zuhörers zu sprechen vermag. Gewisse Musikformen geben tiefes Wissen weiter, das Wörter nicht übermitteln können.
Nur das gemeinsame Verständnis dieser beiden Menschen für den tiefen Sinn der Musik und eine große Verpflichtung, diesem zu dienen, konnten zur Entstehung dieses Werks führen, das von einem einzigen Autor zu stammen scheint.
Den Bemühungen vieler weiterer Menschen ist es verdankt, dass die Stücke von Gurdjieff / de Hartmann so authentisch wie möglich bewahrt wurden.
In seinem Buch „Our life with Mr. Gurdjieff", Edition Harper and Row 1983, beschreibt de Hartmann seine Begegnung mit G.I. Gurdjieff und ihre Auswanderung von Moskau über den Kaukasus nach Berlin und schließlich Frankreich, wo Georges Ivanovitch Gurdjieff 1922 sein Institut für die harmonische Entwicklung des Menschen im Château du Prieuré/ Fontainebleau in der Nähe von Paris eröffnete. Dort arbeiteten die zwei Männer zusammen an der Musik für die Bewegungen (Heiligen Tänze, auch bekannt als Gurdjieff Movements) und an anderen Stücken. Gurdjieff war die Quelle und Führung, während de Hartmann die Themen ausarbeitete und die musikalische Notation übernahm.
De Hartmann bezeugt selbst von der Zusammenarbeit: „Gewöhnlich pfiff G.I. Gurdjieff oder spielte mit einem Finger eine sehr komplizierte Melodie, so wie es alle östliche Melodien sind, auch wenn sie anfangs ziemlich monoton klingen. Diese Melodie zu erfassen und sie in europäischer Notation niederzuschreiben erforderte eine Art „tour de force“ [...]. Gurdjieffs Musik besaß eine große Vielfalt. Die bewegendsten Stücke waren diejenigen, die er sich erinnerte in entfernten Tempeln während seiner Reisen in Asien gehört zu haben. Bei dieser Musik wurde man bis in die Tiefe seines Seins berührt“.
Music for the Piano, Gurdjieff / de Hartmann
(Volume I -IV), Schott
Music for the Piano - Contents, Gurdjieff / de Hartmann
(Volume I -IV), Schott
Musik von Gurdjieff / de Hartmann auf CD
The Music of Gurdjieff / de Hartmann
G-H Records
Music for the Piano, Gurdjieff / de Hartmann
(Volume I -IV), Wergo